Eine Sammlung zum Thema Zahlen von Dr. Michael Stelzner

Das Prinzip der Zwei, das „Spalten“ (2) und die Speisesordnung

(Nahrungsordnungen AT+NT.docx)

Inhalt:

 

  1. Einleitende Situationsbeschreibung im Zahlenraum
  2. Die Tora und der allgegenwärtige Widerspruch
  3. Der Widerspruch und die zur Gottesformel führende (Er)Lösung in der Trias
  4. Der Gott JHWH fordert von seinem „Eigentumsvolk“ das Unterscheiden
  5. Die reinen und die unreinen Tiere, die Zehnzahl und die Vierzahl
  6. Die zehn reinen Tiere
  7. Die vier unreinen Tiere

7.1 Das Kamel

7.2 Der Hase

7.3 Der Klippdachs

7.4 Das Schwein

  1. Die zusammenfassende Botschaft der Landtiere
  2. Die Wassertiere und das Gefiederte
  3. Das Aas
  4. Das „Böckchen und seiner Mutter Milch“
  5. Die Aufhebung Nahrungsordnung durch das Neue Testament

 

 

  1. Einleitende Situationsbeschreibung im Zahlenraum

 

Um es vorweg auf den Punkt zu bringen: Bei der von Mose verkündeten Speiseordnung geht es um den Umgang des Menschen mit dem Archetyp der Zwei, der Polarität. Das macht eine einleitende Situationsbeschreibung notwendig:

 

Der Mensch befindet sich in einer Welt der Zweiheit und des Widerspruchs. Diese seine Existenz, die nur aufgrund der Polarität existieren kann, kann er im Gegensatz zu allen anderen Annahmen nicht bezweifeln. Die Existenz der Zweiheit ist eindeutig. Sie ist dem Menschen gewiss. Durch sie und nur durch sie, kann er mögliche weitere Erkenntnisse gewinnen. Auf diese erste Erkenntnis aufbauend führt ihn das notwendig zur Einsicht in die Existenz der Eins, dem Archetyp der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit, weil sie die Voraussetzung der Existenz Zwei ist. Der Eins strebt alle Zweiheit zu, ohne dass je ein „Teilhaftiges“ sie jemals gänzlich erreichen könnte. Wäre das möglich, so würde die Existenz an sich augenblicklich verschwinden. Die Religionen sagen: Wer die Gottheit (1) sieht, verschwindet augenblicklich.

 

Jenes Unvermögen des Nichterreichens der Vollkommenheit nimmt das Bewusstsein als Mangel wahr. Bei diesem Mangel bleibt es nicht. Die Existenz der Gegensätze von Einheit und Zweiheit erwirkt eine Dynamik, die wiederum ihrerseits einer Einheit und Ganzheit zustrebt. Der solchem triadischen Zusammenhang ausgesetzte und erkennende Mensch findet in der Spannung zwischen Einheit und Zweiheit keine Ruhe in einem einfachen „sowohl als auch“ der Gegensätze, denn ihn ist aufgrund eines natürlichen Ungleichgewichts das Dritte, die nach einem Ziel strebende Dynamik eingeschrieben. In der Sprache der Zahlen sucht der Mensch seine Orientierung im Spannungsfeld von Zweiheit und Dreiheit. Er ist ausgespannt zwischen dem Widerspruch und der notwendigen Entscheidung, die sein Handeln antreibt und begründet.

 

Bei der von Mose verkündeten Speiseordnung geht es um dieses Verhältnis der Archetypen. Die Polarität (2) drängt zur Funktion (3). Die Speisordnung beschreibt jenes Verhältnis in der Kategorie der menschlichen Existenz. Wie jede Spannung (2) zu einer Entspannung und Entladung (3) drängt, so versucht auch der in der Welt der Polaritäten gefangene Mensch ein Verhalten (3) zu entwickeln, dass ihm und möglichst auch dem Ganzen förderlich ist. Das Produkt ist nach dem Muster der Trias ein Akt der Verschmelzung in dem aus den einstigen Gegenpolen eine neue Existenz, ein neues, größeres Ganzes entsteht. In der Sprache der Zahlen handelt es sich um die Multiplikation, also die fortgesetzte Addition der beiden Ausgangsfaktoren zwei und drei zu sechs (2 x 3 = 6). Der mit der Sechszahl ausgedrückte Akt umfasst alle Polaritäten und alle Ebenen des Daseins, so auch die im Bewusstsein voneinander unterschiedenen Dimensionen von Geist (3) und Substanz (4). Wir finden in ihm zwei zunächst gegenpolare Bewegungen (3). Die eine ist nach unten gerichtet (∇). Sie ist die Bewegung der Substanz und bewirkt Konzentration. Die andere ist nach oben gerichtet (Δ). Sie ist die des Geistes und bewirkt Ausbreitung und Wachstum. In der Sechs werden beide eines ().

 

Im Gegensatz zur unbewussten Natur differenziert das Subjekt bewusst. Es (er)wählt. Das höhere Bewusstsein des Menschen erkennt in der Sechs und im Sex ihre zwei gegenläufigen Seiten. Die eine ist die Vernichtung des Einzelnen, das im neuen Ganzen aufgeht. Wie ein Sperma beim Eindringen in die Eizelle den Status der Einzelexistenz verliert, so erbringt das Subjekt beim Hinübertreten in eine höherdimensionale Existenz das Opfer der Substanz, das Opfer des Ichs. Die andere, gegenläufige Seite ist das Wachstum der Inhalte, die im neuen Ganzen sichtbar werden. Wie beim Eindringen in die Eizelle das Sperma seine bis dahin halbe Erbinformation zu der Erbinformation der Eizelle hinzugibt, so erwirkt das Subjekt durch sein Erwählen eine Addition einst polarer Inhalte. Das Produkt ist das ekstatische Erleben einer höheren Dimension, die endlich auch zu einer neuen und höherdimensionalen substantiellen Existenz führt.

 

 

  1. Die Tora und der allgegenwärtige Widerspruch

 

Die Tora beginnt nicht mit dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets sondern mit dem „Beth“ (ב), dem Symbol der Zweiheit. Das Beth bedeutet „Haus“, und das ist ein Symbol für ein im unbegrenzten Raum durch die Tat eines Menschen entstandener, begrenzter Raum. Das an allem Anfang platzierte Symbol der Zweiheit wird sodann im ersten Satz der Bibel durch eine nicht gleich erkennbare aber wohl vorhandene Ordnung einer Vielzahl von Widersprüchen entfaltet.

 

Das fünfte und letzte Buch der Tora, beschreibt in der Figur des Moses den Umgang des reifen Bewusstseins mit diesen allgegenwärtigen Widersprüchen. Zu ihm gehört die von Mose verkündete Speiseordnung – das Erwählen dessen, was der Mensch in sich aufnehmen soll.

 

Moses verkündet die Speiseordnung dem Volk Israel vor dessen Einzug ins verheißene Land, denn das rechte Erwählen ist die Voraussetzung für die Einnahme des Verheißungsgutes. Die Tiere werden in reine (koschere) Tiere, welche gegessen werden dürfen und in nicht reine Tiere, welche nicht gegessen werden dürfen, unterteilt. Die Verordnung hat für gläubige Juden noch heute eine große Bedeutung. Für Christen gilt die Ordnung nach den Worten Jesu in der Form nicht mehr. Gleichwohl haben die Gesetze der Tora auch für das Christentum eine hohe Bedeutung. Wie dieser Widerspruch zu erklären ist und welche Gesetze sich hinter den Nahrungsgesetzen verbergen, soll an einschlägigen, originalen Textauszügen aus der Tora aufgezeigt werden.

 

Die hebräischen Texte arbeiten mit bewussten Widersprüchen, denen sich ein gläubiger Leser stellen muss. Ein allzu einfaches „sowohl als auch“ wird ihnen nicht gerecht, denn es zeugt von dem Versuch, sich des notwendigen Dritten, des Erwählens und Bekennens einer Hierarchie zu entziehen. Die Speisegesetze thematisieren den Widerspruch auf eine Weise, der man kaum entfliehen kann. Er ist die Voraussetzung für einen Prozess. Man muss den Widerspruch durchschauen und überwinden und darf sich von ihm nicht gefangen nehmen lassen.

 

Ein solcher, bekannter Widerspruch ist beispielsweise die vom heiligen Text vorgenommene Einordnung des Hasen als „Wiederkäuer“, der immer wieder auf Unverständnis stößt. Dabei kann kaum jemand bezweifeln, dass zumindest jedem Priester bekannt war, dass der Hase kein Wiederkäuer ist, und doch wird es dort so ausgesagt.

 

In den Hörsälen der heutigen Theologie wird die Grundlage der alten Theologie, die Symbolik insbesondere die der Zahlen mangels Wissens nicht mehr gelehrt und auch nur selten erwähnt. Das führt zu fatalen Denkfehlern und Fehlbeurteilungen der einzelnen Sachverhalte und über die Aufgabe der Theologie als Ganzes. Eine solche ist die regelmäßig wiederholte Behauptung, die Verfasser der Texte hätten noch keine Kenntnis darüber gehabt, dass der Hase in Wirklichkeit kein Wiederkäuer sei. Die Ausführungen sollen beispielhaft dafür sein, dass eine vernünftige Theologie nicht ohne Kenntnis der Symbolik und Zahlensymbolik auskommt.

 

 

  1. Der Widerspruch und die zur Gottesformel führende (Er)Lösung in der Trias

 

Bevor Mose die Gesetze und Ordnung für die Nahrung verkündet, stellt er in Dtn 14,1 eine grundlegende Trias vor:

 

[1]  Ihr seid Kinder für den JHWH, euren Gott.

[2]  Ihr dürft euch nicht wegen eines Toten Schnittwunden beibringen

[3]  und euch nicht zwischen euren Augen kahlscheren.

 

Der erste Satz [1] der Trias anerkennt die Zugehörigkeit des Volkes Israel zu Gottheit JHWH und somit zu dessen Vollkommenheit obwohl das Volk notwendig in der Welt der Polaritäten und ihrer Zwiespältigkeit lebt. Aus letzterer erwachsen zwei zu unterscheidende Verhaltensweisen bezüglich des Umgangs mit dem Prinzip des Trennens. Sie sind Gegenstand der Sätze [2] und [3]. Der Mensch muss unterscheiden, wann er dem Prinzip des Trennens [2] und wann dem des Verbindens [3] der Gegenpole den Vorzug gibt. Beide haben ihren Raum und ihre Zeit.

 

Die „Kinder JHWHs“ müssen die Welt der Toten von der Welt der Lebenden trennen. Die Qualitäten der niederen Welt dürfen in der Weise, wie sie dort erscheinen, nicht einfach in die höhere Welt übertragen werden. Der Tod und die Toten sollen nicht so in die Welt der Lebendigen hineinwirken, dass sie in ihr „Leid und Tod bewirkt“. Das Trennen der Welten ist also einerseits lebensnotwendig. Andererseits muss das Trennen auch vermieden werden, um in der höheren Welt die beiden Pole fruchtbar nutzen zu können, wie es die beiden Augen tun, um ein Ganzes zu erschauen. Moses stellt in den beiden Beispielen klar, dass die Unterscheidung der Welten entscheidend für die Interpretation der nachfolgenden Speiseordnung ist. Er stellt klar, dass es beim Umgang mit der Zweizahl nicht um die absolute Unterscheidung von „Gutem und Bösen“ geht, sondern um die rechte Zuordnung und somit um die Trias, aus der heraus immer das größere Ganze seine Wirkung entfaltet.

 

Die erste nach der einleitenden Trias von Moses genannte Unterscheidung ist die zwischen dem Volk Israel und den anderen Völkern (Dtn 14,2). Dabei geht es wiederum nicht nur um die Polarität zwischen beiden. Vielmehr geht es um deren Beziehung, um die Dynamik (3), die daraus entsteht. Die von der Gottheit vorgenommene erste Unterscheidung verrät auch, warum die Beziehung fruchtbar ist. Das Volk Israel ist das „Eigentumsvolk“ JHWHs. Der Begriff vermittelt ein Additionsgeschehen in dem die Ganzheit die Regie führt und aus dem stets ein größeres Ganzes entsteht. Die Spannung und Beziehung (2) zwischen JHWH und dem Volk Israel mündet zwangsläufig in eine Trias. Im Einswerden der Gottheit mit seinem Volk erscheint die Gottesformel (s. Vierzahl, Logos etc.) auf dreifache Weise. Das Volk, das „Eigentum“ JHWHs ist, das erkennt die universelle Formel des Daseins auf drei Ebenen. Auf allen drei drückt sich das jeweils Teilhaftige (2) immer als ein Eins-Sein (1) aus:

Abb. 1 Drei Formen der Gottesformel

 

  1. Der Gott JHWH fordert von seinem „Eigentumsvolk“ das Unterscheiden

 

Als Eigentumsvolk JHWHs ist das Volk Israel ein im Bewusstsein erhobenes Volk unter all den anderen Subjekten (5) auf dem „Erd- und Ackerboden“. Der Erd- und Ackerboden wird durch die Zahlenfolge 1-4-40 dargestellt. Wie sie ist er ein Symbol für die Verhaftung in der Natur (4), welche sich zwar fruchtbar fortentwickelt, aber noch keinerlei Bewusstsein über ihre Vollkommenheit besitzt. Das Volk Israel hingegen ist ein dazu differenziertes Volk, denn es besitzt durch seine Zugehörigkeit zu JHWH das Bewusstsein (5), die einfache Welt des Erd- und Ackerbodens überwachsen zu haben. In der Reflexion der Gesetze des Erd- und Ackerbodens und des in ihm wirkenden Logos wird die Beziehung der Subjekte (5) zueinander als ein Ganzes (10) sichtbar (s. 10 = 5+5).

 

Ein derartiges Bewusstsein besitzt das Wissen über das „polare Sein“ und über die Herausforderung der Polarität, wie sie im eingehenden Gleichnis von den Schnittwunden und den ungeschorenem Augenzwischenraum umrissen sind. Die von Moses gegebenen Speisegesetze stellen in diesem Wissen die Polaritäten deshalb jeweils in zwei Dimensionen vor, zwischen denen der Mensch nach der Vorgabe der Trias unterscheiden muss.

 

Was der Mensch aufnimmt, dessen Qualität nimmt er auf. Er macht es sich zu eigen und baut nach dem Leitgedanken „Der Mensch ist, was er isst“, das von ihm Aufgenommene in sich ein und verkörpert somit ein Stück weit selbst dessen Qualität. Er verkörpert sie aber eben nicht allein wegen der Qualität der artfremden Körper, die er aufnimmt, sondern wegen seiner bewusst getroffenen Unterscheidung! Die vollzogene Dynamik (3) ist das Entscheidende.

 

Das Aufnehmen und Essen, das Kauen und Zerkleinern, kurzum das Spalten von Nahrung konfrontiert den Menschen mit der Polarität allen Seins, mit der er sich in seiner Bewusstseinsentwicklung auseinandersetzen muss. Das „Spalten“ und „Zweimachen“ erzeugt und erhält einerseits Leben. Andererseits kann es auch Leid erzeugen, denn Leid entsteht immer durch ein Abtrennen. Der Gipfel des Trennens ist der Tod. Spalten ist offensichtlich nicht gleich spalten und bedarf einer sorgfältigen Differenzierung.

 

Im Wissen, dass das Spalten die Welt beherrscht und der Mensch es täglich tut und tun muss, wendet sich Moses dem Begriff des „Spaltens“ differenzierend zu. Er reglementiert das Essen von Tieren in einer symbolisch differenzierenden Weise und fordert darin die Bewusstseinsbildung heraus:

Und jedes Tier, das gespaltene Hufe hat, und zwar aufgespaltene Hufe, (und) das wiederkäut unter den Tieren, das dürft ihr essen (Dtn 14,6)[1].

 

Der hebräische Originaltext gibt mehr preis als die Übersetzungen, denn er gebraucht die Begriffe des „Spaltens“ mit zwei unterschiedlichen Wortwurzeln. Die erste Wortwurzel bezeichnet die „Tier-Klaue“ (80-200-60) und das Spalten durch sie. Sie lässt sich dreimal im Satz finden. Die zweite Wortwurzel bezeichnet ganz allgemein den „Spalt“ oder „Schlitz“ (300-60-70) und dessen Verb. Sie lässt sich zweimal im Satz finden.

 

Sowohl die Zahlen der Häufigkeit der eingesetzten Wurzeln, zwei und drei, als auch die Art ihrer Verwendung, zum einen in einer gegenständlichen Weise (2) als Subjekt und zum anderen in einer funktionellen Weise (3) als Verb (Infinitiv), thematisieren die Differenzierung zwischen den Archetypen Zwei und Drei. Ihr unterschiedliches Wesen und ihr Zusammenwirken sind der wahre Gegenstand der Nahrungsordnung.[2]

 

Der zwangsläufig spaltende und so bewusst Zweiheit (2) erzeugende Mensch muss im Gegensatz zum Tier jenes Prinzip in rechter und differenzierender Weise einsetzen. Würde er es, wie das Tier nur unbewusst tun, würde er vermeidbares Leid erzeugen. Wenn er spaltet, ohne das Gespaltene wieder einem Ganzen und Größeren zuzuführen, dient er dem negativen Aspekt der Zwei und darin dem Tod.

 

Die reinen Tiere, die wiederkäuen und damit „wiederholen“ setzen symbolisch gesehen, ihre Ausrichtung an einem größeren Ganzen ins Bild. Die Tiere, welche ein zweites Mal auf einer zweiten und nun höheren Ebene spalten, die manifestieren die Vierheit (2 x 2 = 4). Sie manifestieren Ganzheit (1—4). Der Mensch erkennt so in dem Klauentier (2), das zugleich auch wiederkäut (2), ein Symbol der Reinheit.

 

Die Klaue und ihre Funktion sind tierischer Natur. Sie werden als Verwirklichung der Zahl 2 vom Tier unbewusst eingesetzt. Aber auch der bewusste Mensch kann sich dem Wesen der Zwei im Sinne der „Klaue“ nicht entziehen. Er kann sein Prinzip aber im Sinne der archetypischen Trias differenzierend umsetzen und es ganzheitlich nutzen. Im anderen Falle bedient er sich der undifferenzierten Qualität der Klaue, dann „klaut“ er und trennt den Besitz, das „Eigentumsvolk“ Israel von seinem Besitzer JHWH.

 

Die Symbolik der Nahrungsordnung greift auf die Beziehung der Zwei zur Eins zurück und setzt den rechten Umgang mit der Zwei ins Bild. Im Wesen der Vier manifestiert sie sich als eine erste, konkrete Erscheinung. Die Nahrungsordnung überträgt diesen sogenannten Logos (1—4) durch die Unterscheidung von Tieren und das Hervorheben der Zahlen 10 und 4 auf die nächsthöhere Existenzebene. Dort erscheint der Logos in Form der Tetraktys (1+2+3+4 = 10). Die 10 führt uns eine neue Existenz, eine neue Dimension vor Augen. Es ist die Dimension des Bewusstseins (5). Das Bewusstsein erkennt die Wirkung der Gesetze des Seins und seiner Polarität in seiner eigenen Existenz. Darin erkennt es zugleich auch die Konstitution des Namens JHWH (10-5-6-5). Die Gottheit des Volkes Israel transportiert in ihrem Namen eine Funktion, welche ein Subjekt (+5) mit seinem Gegensubjekt (-5) zu einem Ganzen (10) vereinigt (10 = 5+5). Das Geheimnis dieser Funktion liegt im rechten Verstehen der Zwei und der Drei, deren Produkt die Sechszahl ist (2 x 3 = 6). Durch sie kommt die Verbindung von Subjekt und seinem Gegensubjekt zustande. Der sechste hebräische Buchstabe hat den Zahlenwert sechs und wird durch das Bild eines Hakens symbolisiert. Wie die 6 verbindet der Haken das voneinander Unterschiedene. Seine semantische Bedeutung ist „und“. In der Gottesformel (siehe Abb. 1) führt er über die in ihm beschlossene Addition auf eine höhere Ebene des Bewusstseins (10). Von dort aus überblickt das Bewusstsein die zwei Dimensionen des Logos, die sich in den Zahlen vier und zehn „gegenüberstehen“.

 

 

  1. Die reinen und die unreinen Tiere, die Zehnzahl und die Vierzahl

 

Moses stellt die in „rein“ und „nicht rein“ unterteilen Landtiere in zwei Reihen vor. Die erste Reihe umfasst zehn Tierarten und die zweite vier. Die Zahlen vier und zehn beziehen sich auf den Namen JHWH (10-5-6-5) und die in ihm sichtbar werdende Formel (10 = 5 + 5) sowie auf der ihr zugrundeliegende Tetraktys (1+2+3+4 = 10). Die Zahl Vier entfaltet ihr Wesen in der Zahl Zehn. Zwischen beiden besteht eine hierarchische Verbindung, die gewahrt und gelebt werden will, aber keineswegs dazu führen darf, die Vier geringzuschätzen. Beide Zahlen drücken Ganzheit und Göttlichkeit aus. Die Zahlen sind aus den unterschiedlichen Dimensionen heraus unterschiedlich zu bewerten. Das bringt der Text über die reinen und nicht reinen Tiere deutlich zum Ausdruck, indem er keine einfache Unterscheidung in Richtiges und Falsches, in Gutes und Böses zulässt, sondern vielmehr das Bewusstsein der Empfänger der Botschaft herausfordert:

 

Die Polarität prägt die Welt. In der unbewussten Welt erleben wir sie in den Kriterien von „geeignet und ungeeignet“, in der Welt des Bewusstseins darüber hinaus von „Schönheit und Abscheulichkeit“. Auf diese Unterscheidung verweist Moses vor der Verkündung der Nahrungsgesetze: Du sollst keinerlei Greuel essen (Dtn 14,3).

 

Der Mensch muss das Andere im Sinne des Negativen und des zu Verabscheuenden zunächst erkennen, um es sich nicht zu eigen zu machen. Doch die Unterscheidung (2) ist verzwickt, denn sie enthält Kriterien, die ihrerseits zweifelhaft sind. Zwei, Zwist und der Zweifel sind allgegenwärtig. Jeder Aufzählung, jeder Anzahl und sogar jeder Zahl selbst haften immer der Makel der Linearität an, und Linearität ist naturgemäß unvollständig. Um der Wirklichkeit weitgehend gerecht zu werden, muss man die über die Linearität hinausgehende triadische Natur der Wirklichkeit in Rechnung stellen. Die Wirklichkeit verlangt nach einer vertikalen Unterscheidung. Über sie ergibt sich dann die rechte, horizontale Unterscheidung. Dem gerecht zu werden, obliegt dem Menschen.

 

 

  1. Die reinen 10 Tiere

 

Um der Wirklichkeit und den von ihr geforderten Unterscheidungen gerecht zu werden, muss der Mensch zunächst die Dimensionen der Existenz voneinander unterscheiden können. Nur so kann er seinen Blick und sein Tun an der stets vorhandenen, höheren Dimension ausrichten. Um das zu verdeutlichen, nennt Moses – nachdem er das sechste Mal (!) die „Höre Israel-Formel“ benutzt hat – zunächst 10 Tiere, welche gegessen werden dürfen:

Die profane Sicht erschließt nicht die Kriterien ihrer Auswahl. Wohl aber fällt die Zehnzahl auf. In ihr wird die Eins, der Ursprung in seiner höheren Dimension sichtbar. Das vorrangige Handlungs- und Nahrungskriterium für die Menschen ist danach der Vollzug eines Dimensionswechsels. Um die Tiere entsprechend unterscheiden zu können, schaut der Mensch zunächst auf die äußeren Merkmale. Moses nennt zwei, die sichtbar gespaltenen Hufe und das „Wiederkäuen“. Ihr gemeinsames Auftreten signalisiert Reinheit im Sinne von Einheit (1), weil die Zwei ein zweites Mal wirkt und in der so erscheinenden Vier die Ganzheit und Reinheit ansichtig macht. Mit anderen Worten: Das Erscheinen der Reinheit findet statt durch eine „wahrhafte Zwei“. Eine solche erkennt man in ihrer Ausrichtung an der Einheit. Eine Zwei, die der Eins dient, (unter)scheidet nicht willkürlich, sondern bringt das Vermögen des Unterscheidens nicht irgendwo, sondern an sich selbst zur Wirkung. In der Sprache der Geometrie entsteht in solchem Tun aus der eindimensionalen Linie (1—2) die Fläche des Quadrats (2 x 2 = 4).

 

Das wahrhafte Wesen der Zwei führt zu Entwicklung und zum Dimensionswechsel. Über ihn spricht Moses, wenn er den Ursprung aller reinen Existenzen – die Eins – in zehn Tieren aufscheinen lässt. Da jedoch jede konkrete Erscheinung nur durch die Zwei, den scheinbaren Fehler und Mangel existiert, muss Moses auch diesen in den von ihm genannten, ebenso unvollkommenen Kriterien thematisieren. Das macht er sowohl über die Wesen der Tiere als auch in der Morphologie des geschriebenen Textes. Unter den zehn Tieren fallen die zweiten und dritten, „das Einzelne der Schafe“ und „das Einzelne der Ziegen“ auf. Sie stehen als einzige im Plural und sie werden darüber hinaus jeweils über zwei Worte ausgedrückt. Die jeweils zwei Worte verbinden jeweils den Begriff des Einzelnen mit dem Plural. Die zweite und die dritte Position fallen also dadurch auf, dass sie die Urweisheit von der Einheit des Einen mit dem Vielen offenbaren und ein gemeinsames Ganzes sind. Die Zahlen Zwei und Drei stehen im Dreieck der Eins gegenüber und sind ihr gegenüber jeweils eine erste, denkbare Pluralität. Die Zwei und die Drei sind es, welche herausfordern und über die rechte Anwendung zu Wachstum und Dimensionswechsel führen, der dann im Archetyp der Sechs wirksam und ansichtig wird (2 x 3 = 6).

 

 

  1. Die vier unreinen Tiere

 

Moses thematisiert diese Herausforderung der Unterscheidung von rein und unrein nicht nur anhand der Textmorphologie, so wie es die zweite und dritte, im Plural stehende Tierart zeigen. Er nennt zudem vier Tiere, welche das Volk Israel nicht essen soll, das Kamel, den Hasen, den Klippdachs und das Schwein. Mit ihrer Beschreibung deckt er nun, wie wir sehen werden, einen weiteren Zwiespalt, eine Unstimmigkeit in der von ihm gegebenen Nahrungsverordnung auf. Moses vermittelt: Der scheinbare Mangel ist allgegenwärtig. Er belässt es aber nicht dabei. Mit der den unreinen Tieren zugeordneten Vierzahl liefert er jedoch auch den Hinweis auf die Vollkommenheit ihrer Art. Die Zehnzahl der reinen und die Vierzahl der unreinen Tiere lenkt den Blick auf die Spannung zwischen den Dimensionen. Gemäß der Tetraktys (1+2+3+4 = 10) manifestiert sich die Vollkommenheit sowohl in den vier als auch in der zehn Tieren. Doch erscheint die Vierzahl gegenüber ihrer weiteren Entfaltung, der Zehnzahl „mangelhaft“. Als Nahrung ist sie deshalb für das heranreifende Bewusstsein (5) ein „Greul“.

Wenn Mose die Vierzahl, die ihrem Wesen nach die Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit offenbart, hier mit der Aufzählung der unreinen Tiere in Verbindung bringt, dann setzt er das Wissen um das wahre Wesen der Polarität, das sich in der Vier manifestiert, voraus. Mose arbeitet zum Zwecke der Bewusstwerdung des Volkes Israel mit dem Widerspruch. Bei der Interpretation seiner Texte muss man den Widerspruch in seiner positiven Wirkung immer mitdenken. Erst wenn man die „Vollkommenheit der Vier“ versteht, gibt sie ihren auch im scheinbar „unreinen Dasein“ verdeckten Wert preis. Diese Botschaft ist die Grundlage der Nahrungsverordnung. Moses stellt sie deshalb schon der ersten Aufzählung voran. Vor der Aufzählung der 10 reinen Tiere macht er in einer Vierheit von Wörtern auf den hinter der Ordnung stehenden Logos aufmerksam, der aus sich heraus von der Einheit der Gegensätze berichtet. Der vierteilige Vorspann führt darüber hinaus bereits in seiner Morphologie den Logos vor Augen, denn die ersten zwei Wörter bilden einen auffälligen Gegensatz:

Das einleitende Demonstrativpronomen „dies“ steht im Plural, das ihm folgende Subjekt „Tier“ jedoch unerwartet im Singular. Die Einheit der Gegensätze wird dann im vierten Wort manifestiert (4), denn das „Essen“ vereint das Viele mit dem Einen.

 

Das Prinzip der vorangestellten vier Worte wird vierfach in der Aufzählung der unreinen Tiere, Kamel, Hasen, Klippdachs und Schwein durchdekliniert. Jedes der Tiere ist aus einem anderen Grund unrein, so wie endlich alles im konkreten Dasein unrein und aus einer höheren Perspektive doch wieder rein ist. Diese „Formel der Weisheit“ kann man bei einer genaueren Betrachtung der vier genannten Tiere nachverfolgen.

 

 

7.1  Das Kamel

 

Kamele käuen wieder und sind Paarhufer. Sie erfüllen demnach die beiden Vorbedingungen für Reinheit, sollen aber dennoch nicht gegessen werden! Das bedeutet: Die Zwei als Bedingung sagt noch nichts darüber aus, ob diese Zweiheit dann auch im Dienst der Einheit und Ganzheit steht. Das ist der schon genannte, allgegenwärtige Zwiespalt, der in jedem Einzelfall einer Klärung bedarf, so auch hier bei den scheinbar vollkommenen und schließlich doch unreinen Kamelen. Die Lösung des Widerspruchs verlangt nach einer neuen, anderen und höheren Dimension, welche die Zwei übersteigt und ihr Richtung gibt. Mit anderen Worten: Die Lösung verlangt nach einer Betrachtung, welche der Trias gerecht wird.

 

Der Grund, aus dem heraus das Kamel unrein erscheint, ist sein Einsatz als Nutztier. Die dingliche Verhaftung des Kamels reduziert es auf die Ebene. Diese Eigenschaft soll sich der Mensch nicht zu eigen machen. Sie deckt einen Widerspruch auf, der dem Mensch bewusst werden soll. In der praktischen, dinglichen Wirklichkeit ist das Kamel ein Nutztier zum Herstellen einer (nur) horizontalen Verbindung. Es überwindet die Ferne und Wüsten. Aus der Sicht eines Nutztiers fehlt ihm aber die vertikale Dimension. Der der Schrift kundige Priester hingegen sieht im Kamel (hebräisch Gimel) mehr, denn es ist das Symbol für den dritten Buchstaben des hebräischen Alphabets (ג), der die Gegensätze gerade dadurch zu verbinden vermag, weil er die Linearität 1—2 übersteigt und die höhere Ebene der Fläche eröffnet. Wer nur die horizontale Ebene des Kamels sieht, der erkennt nur zwei statt seiner drei Qualitäten. Das ist unsauber.

 

 

7.2  Der Hase

 

Der Hase ist das zweite der aufgezählten unreinen Tiere. Die von Mose über ihn gemachten Aussagen sind besonders „verzwickt“. Seine Ganzheit erfasst nur der in die Geheimnisse des Seins noch tiefer Eingeweihte, der auch im scheinbar nicht reinen Tier noch die Wirkung der göttlichen Gesetze erkennt.

 

Der Hase steht in besonderer Weise für die Zwei. Die Zwei bringt den Zwiespalt und den Zwist hervor. Wer sie versteht, der ist im Besitz der höchsten Weisheit. Indem Moses den Hasen als Wiederkäuer bezeichnet, stellt er ihn bewusst in diesen Zwiespalt. Dem Hasen haftet mit der ihm zugeschriebenen Eigenschaft des Wiederkäuens ein Mangel an, den er für einen Wissenden jedoch nicht hat. Dass der Hase kein Wiederkäuer ist, war zumindest jedem Priester bekannt, so wie jeder Priester weiß, dass Mangelhaftigkeit nur eine erste Sichtweise darstellt, um eine größere und weitere zu entwickeln.

 

Abb. 1
Der Klippdachs

Tatsächlich ist der Hase weder ein Paarhufer noch ein Wiederkäuer. Er „verfehlt“ formal beide Reinheitskriterien und verfehlt darin „gänzlich“ das Muster der reinen Tiere. Es ist diese versteckte Eindeutigkeit, die dem Eingeweihten auffallen soll. In ihr wird der Zwiespalt zur Dualität erhoben.

 

Im Hasen bleibt dessen Ganzheit weitgehend verborgen (s. gesonderten Aufsatz über den Hasen)  Link setzen zu Hasen.docx). Sie tritt sogar unter ihrem umgekehrten Vorzeichen in Erscheinung und wird als Gräuel empfunden. Das zeigt auch eine auffallende, eigenartige Gewohnheit des Hasen. Der Hase frisst von seinen eigenen Kotkügelchen erneut die grünen und weichen, in denen noch besonders viele und nützliche Nährstoffe enthalten sind. Aus solcher Sicht ist auch der Hase ein „Wiederkäuer“.

 

Die Sicht des Hasen soll nicht die Sicht des Menschen sein. Der Mensch soll sich durch die Wahl dessen, was er aufnimmt, erheben. Der Hase „erwählt“ insofern nicht, denn er entscheidet, d.h. „spaltet“ nicht unter der Vorgabe einer ihm bewussten Trias. Sein Handeln ist auf die Ebene fixiert. Der Hase ergreift vielmehr aus emotionalem Antrieb heraus die Flucht. Ein solches Subjekt bezeichnet man heute noch als „Hasenfuß“. Der Hase ist zwar fruchtbar („wiederholend“) aber eben nicht auf Grundlage eines vorangehenden Erwählens. Ein solches Subjekt sitzt vor seinen Feind, „wie ein Kaninchen vor der Schlange“.

 

 

7.3  Der Klippdachs

 

Der Klippdachs ist wie der Hase kein Paarhufer und ist deutlicher als der Hase kein Wiederkäuer. Insofern verfehlt er scheinbar eindeutig beide Kriterien der Reinheit. So, wie das Kamel eindeutig die äußeren Kriterien der Reinheit erfüllt, so erfüllt der Klippdachs sie ebenso eindeutig. Wie beim Kamel ist die Eindeutigkeit ein äußerer Schein. Würde man sie beim Kamel als schwarz bezeichnen, so wäre sie beim Klippdachs weiß. Beiden fehlt die Gegenwart des Anderen. Das sogenannte „mosaische Muster“ (schwarz/weiß) wird erst beim vierten Tier, dem Schwein erfüllt.

 

Das dritte Tier, der Klippdachs hat neben der genannten Beziehung zur Eins, dem Kamel naturgemäß auch eine Beziehung zur Zwei, dem Hasen. Zudem steht beim archetypisch Dritten das Verhalten (3) im Vordergrund und wird zum Kriterium für dessen Reinheit. Derr Klippdachs verhält sich ähnlich wie der Hase. Er ist er ähnlich klein und macht beim Kauen auch ähnlich schnelle und kurze Kieferbewegungen, die an das „Mümmeln“ des Hasen erinnern. Wie der sich bei Gefahr in einer Bodenfurche weg duckt, so duckt sich auch der Klippdachs bei Gefahr in den Felsspalten weg.[5] Diese horizontale Fluchtbewegung ist es, welche das offensichtliche Erscheinen der Trias verhindert. Solches Verhalten soll der Mensch nicht als Nahrung in sich aufnehmen.

 

 

7.4  Das Schwein

 

Bei Kamel, Hase und Klippdachs sind die Reinheitskriterien sehr unterschiedlich, immer aber zwiespältiger Natur. Sie zeigen alle drei „verzwickte Widersprüche“. Das vierte Tier, das Schwein durchbricht diesen Zwiespalt. Als einziges der vier Tiere fällt es durch eindeutig richtige und polare Kriterien aus dem Muster der erlaubten Tiere heraus. Es ist ein Paarhufer, jedoch kein Wiederkäuer und man darf es demnach nicht essen. Die Eindeutigkeit der Kriterien der Reinheit des Schweins sind doppelter Natur. Die Mathematiker würde sie als ein-eindeutig bezeichnen. Diese Eindeutigkeit schließt das Andere, den Widerspruch nicht aus. In der obengenannten Farbzuordnung von Kamel und Klippdachs als schwarz und weiß hätte das Schwein ein mosaisches Muster (schwarz und weiß). Trotz und vor allem durch die Anwesenheit der Zwei, des Widerspruchs wird echte Eindeutigkeit erzeugt.

 

Eindeutigkeit bedingt den Dimensionswechsel und der ist das wahre Kriterium für Reinheit hinter der Nahrungsordnung. Das Nutztier Kamel verfehlt den notwendigen Dimensionswechsel ebenso wie der seinen eigenen Kot fressende Hase oder der ihm gleiche, sich bei Gefahr wegduckende Klippdachs. Sie symbolisieren die Verhaftung in der Linearität. Ihr Wesen lässt unmittelbar wenig oder kein Differenzierungsverhalten erkennen. Zu ihnen bildet das Schwein einen Gegenpol. Sein Umgang mit der Zwei, sein Differenzierungsvermögen ist anderer Natur. Unter den unreinen Tieren stellt es bereits in seinem äußeren Erscheinen Eindeutigkeit her. Obwohl das Schwein selbst nicht rein ist, ist es bereits ein Symbol für den rechten Umgang mit dem Anderen und Zweiten. Sein Differenzierungsvermögen bringt eine neue Qualität hervor. Auch wenn damals die Trüffel aufspürenden Schweine noch nicht bekannt gewesen sein dürften, so wusste man doch um die im Wesen des Schweines angelegte Fähigkeit zu differenzieren.

 

In dieser seiner besonderen Eindeutigkeit hebt der biblische Text das Vierte in Form des Schweines hervor. Er nennt es getrennt von den anderen und fügt ihm eine gesonderte Erklärung hinzu. Das unterstreicht die Bedeutung der Zahl Vier, in der die Beziehung der Substanzen (4) zur Eins (1) zum Ausdruck kommt. Das Wesen des Schweins zeichnet dieses Bild nach. Währen das Kamel die erste Stelle unter den vier verbotenen Tieren einnimmt und wegen seiner sichtbaren Erfüllung der Reinheitskriterien dennoch nicht rein ist, stellt das an vierter Stelle stehende und Eindeutigkeit vermittelnde Schwein zu ihm einen Gegenpol dar. In dieser Polarität wird sowohl das Profil des Ersten, die numinose Ganzheit als auch das Profil des Vierten, die konkrete Substanz geschärft. Zusammen lassen sie den Logos, das Gesetz der Gesetze, das aller Weisheit zugrunde liegt, erkennen.

 

 

  1. Die zusammenfassende Botschaft der Landtiere

 

Die Nennung der Vierheit von Kamel, Hase Klippdachs und Schwein beruht, wie wir sehen keineswegs auf einem Wissensmangel der Verfasser der Texte, sondern sie macht auf den rechten Umgang mit der Zweiheit und dem Zwiespalt aufmerksam. In jedem der drei Tiere ist der Wiederspruch anders aufgebaut. Immer aber will er vom Leser im Sinne einer verborgenen Ganzheit erkannt und gelöst werden. Wer in der Welt der Polaritäten handelt, der handelt aufgrund seiner subjektiven Einschätzung der Zweiheit und Polarität, die der Handlung zugrunde liegt. Diese hat immer zwei Seiten, die in einer rechten Handlungsweise berücksichtigt und eingeschlossen werden müssen. Das verlangt das Gesetz der Drei – das Gesetz bewussten Handelns. Nur derjenige, der den Widerspruch nicht als Schuldspruch gegenüber einer Seite einsetzt, sondern im Bilde einer noch verborgenen Ganzheit behandelt, weil er die unterschiedlichen Dimensionen und Kriterien erkennt, der handelt im Sinne der Gottheit. Solches Handeln ist immer ein Handeln, das die sich scheinbar widersprechenden Dimensionen verbindet.

 

Kamel, Hase und Klippdachs passen alle drei nicht in die Kategorien, welche der Text vorgibt, erstaunlicherweise aber auch das Kamel nicht. Das linearlogische Denken versagt, weil der Text metaphorisch zu verstehen ist. Das aber wird erst in der Vier wirklich deutlich. Der Text verlangt triadisches, verbindendes Denken. Kamel, Hase und Klippdachs symbolisieren jeder auf seine Weise ein niederes Verhalten, dass „nicht rein“ ist und der bewusste Mensch nicht in sich aufnehmen soll.

 

Der bewusste Mensch soll das Fleisch von den Tieren als Nahrung aufnehmen, welche die Botschaft eines Dimensionswechsels vermitteln. Der hebräische Begriff für „Fleisch“ ist identisch mit dem Begriff für „Botschaft“. Das bekräftigt den geschilderten, inhaltlichen Zusammenhang.

 

 

  1. Die Wassertiere und das Gefiederte

 

Die Nahrungsverordnung umfasst nicht nur die vorweg beschriebenen Landtiere. Ihnen folgt die Unterscheidung von reinen und unreinen Wassertieren und Vögeln.

 

Die Fische stehen unter den lebenden Wesen für die am weitestgehend undifferenzierten. Der 5. Schöpfungstag nennt sie an erster Stelle im Zusammenhang einer „wimmelnden“ Masse der Urtiefe. Zahlensymbolisch stehen sie – innerhalb der Fünfheit der lebenden Wesen – mehr für die Qualität der Vierheit. Aber eben auch diese – und gerade diese – repräsentieren Ganzheit und Vollkommenheit. Die Ganzheit in der Vierzahl wird aber, wie überall, nur deutlich, wenn man die Zweiheit in ihrem zweifachen Erscheinen erkennt. Die Verfasser haben dazu die Besonderheit der Fische, die vorwärtstreibenden „Flossen“ und die abgrenzenden „Schuppen“ herangezogen. Nur wenn beide Qualitäten vorhanden sind, das Begrenzende (2) und das Vorantreibende (3), ist das Tier für das die Dimensionen überschauende Bewusstsein (5) des Menschen rein und kann von ihm in seiner Qualität aufgenommen und integriert werden.

 

Die Vögel haben laut 5. Schöpfungstag einen Sonderstatus. Dort werden sie symbolträchtig noch als das Gefiedertes bezeichnet, das sich dank der recht eingesetzten Polarität (das vordere Paar der Extremitäten – die Flügel) über die Erde erheben soll. Der Sonderstatus der Vögel ist das Erheben, das mit der hinzugewonnenen Qualität der Drei ausgesagt und am 5. Schöpfungstag im Reich der lebenden Wesen (5) thematisiert wird. Dieser Sonderstatus begründet den einführenden, im Hebräischen aus drei Wörtern bestehende Satz „Alle reinen Vögel dürft ihr essen“ (Dtn 14,11)[6]. Auch ihm folgt notwendigerweise die Aufzählung der Ausnahmen. Ohne sie wäre die Polarität nicht gewahrt. Sie umfasst 22 Arten:  Geier, Beinbrecher, Bartadler, roten Milan, Habicht, Bussard, Raben, Adlereule, Kurzohreule, Langohreule, Falken, Kauz, Bienenfresser, Weißeule, Kleineule, Aasgeier, Fischeule, Storch, Reiher, Wiedehopf, Fledermaus und alles Kleingetier.

 

Die Erwähnung der Zahl 22 in Verbindung mit den Vögeln hat symbolischen Charakter. Das hebräische Alphabet besteht aus 22 Buchstaben, von denen jeder einen Archetyp beschreibt. Das Bewusstsein über diese Archetypen ist ein geistiges Erheben des Bewusstseins über den profanen Geist der Erde. Es gleicht dem Vogel, der sich schon am 5. Schöpfungstag über die Ebene der Erde erhoben hat.

 

 

  1. Das Aas

 

Am Ende wird den 3 Tierarten, den Landtieren, Fischen und Vögeln noch ein Viertes, das Aas hinzugefügt. Gerade die Zahl Vier, welche die Formel der Vollkommenheit enthält, wird mit dem Aas in Verbindung gebracht. Das Prinzip, das wir schon bei der Zuordnung des Schweines zur Zahl Vier kennengelernt haben, taucht hier erneut auf. Die Vier schließt den Bruch ein und erscheint als die Formel 3+1.

 

Abb. 4
Die notwendige Differenzierung zwischen 1 und 2 (s. I) führt in der nächsten Dimension (s. II) zu einem konkreten Da-Sein (4), welches die einstigen Gegenpole fruchtbringend vereint.

Das Aas ist das letztgenannte Unreine und für Jedermann in seiner Eindeutigkeit als „nicht rein“ erkennbar. Es ist wieder diese Eindeutigkeit, welche am Ende auch dem Anderen und Fremden seinen Platz im Ganzen gibt. Im Bild des Aases erreicht der scheinbar negative Aspekt der Zwei eine letzte Zuspitzung.

Aber selbst darin führt in der Handlung des bewussten Subjekts das Eine und das Ganze die Regie. Das Fremde und Andere gehören dem Einen an wie das Aas dem Leben. Die Nahrungsverordnung führt hier die Extreme zusammen. Das Aas wird zur Speise für die Fremden bestimmt. Größer könnte die Spannung kaum sein!

 

Die Regelung des Verzehrs lebendiger Wesen findet danach einen eigenartigen und zumeist unverstandenen Abschluss, in dem aber alle Vorschriften noch einmal in drei Aussagen zusammenfasst sind. Wer bei ihrem Lesen die Gesetze der Trias und ihre fruchtbringende und das Leben würdigende Funktion nicht kennt, der sieht in ihnen ein Bild des Greuls:

 

((1)) Ihr dürft keinerlei Aas essen.

((2)) Dem Fremden, der in deinen Toren <steht>, magst du es geben, dass er es isst, oder du magst es einem Ausländer verkaufen; denn ein heiliges Volk bist du dem JHWH, deinem Gott.

((3)) Du sollst ein Böckchen nicht in der Milch seiner Mutter kochen. (Dtn 14:21)[7]

 

Am Ende ist es die Trias, welche alle Vorschriften noch einmal zusammenfasst und eindeutig als das Gesetz des Handelns anzeigt. Spätestens jetzt wird deutlich, dass in der Qualität der Drei die Qualität der Zwei enthalten ist und ihren lebensfeindlichen Anschein überwächst.

 

 

  1. Das Böckchen und seiner Mutter Milch

 

Der dritte Satz der Trias, der Satz mit dem „Böckchen und seiner Mutter Milch“ scheint ohne die Kenntnis der Archetypen unerwartet und zusammenhangslos der Polarität ((1))—((2)) nachgestellt zu sein. Doch in Wirklichkeit bringt er noch einmal alles auf den Punkt.

 

Die Beziehung Muttermilch und Böcklein folgt unmittelbar der Fleisch-Aas-Vorschrift. Sie dient ihrer Verdeutlichung! Die Botschaft ist: Zwei einander folgende Gegebenheiten, wie Eins und Zwei, Leben und Tod, müssen zunächst getrennt werden, um dann in einem größeren, bewussten Schritt wieder zu einer Einheit zusammengeführt werden können. Das aber könne sie nur, wenn man die „Muttermilch“ unter ihrem nährenden Aspekt einsetzt und nicht das mit ihr verbundene, junge Leben „verkocht“. Dazu muss man auf rechte Weise trennen. Wer nicht so trennt oder noch nicht so trennen kann, wie die Fremden und Heiden, der erzeugt Leid. Die Fremden mischen „wild“ zusammen während das Volk Israel bewusst die zuvor getrennten Teile wieder zu einem größeren Ganzen verbinden soll. Die Trennung ist eine Leistung des Gottesvolkes. Der Fremde ist ein Fremder, weil er sie noch nicht beherrscht.

 

Der letzte Satz von der „Muttermilch“ und dem „Böcklein“ spricht von dem notwendigen Differenzierungsprinzips, welches das „Volk Israel“ zum Gottesvolk macht. Er greift die grundsätzliche Polarität auf, wie sie geometrisch in der Beziehung 1-2 im Kleinen und in ihrer Vergrößerung in der Beziehung 1—4 vorliegt (s. Abb. 4).

 

 

  1. Die Aufhebung Nahrungsordnung des Alten Testaments durch das Neue Testament

 

Die Erste Nahrungsordnung erlässt der Schöpfergott Elohim im Alten Testament selbst. Sie betrifft nur die Unterscheidung von Pflanzen. Darin wird alles „Grünzeug“ den Tieren zur Nahrung gegeben. Die Pflanzen, welche Samen tragen sollen hingegen den Menschen zur Nahrung dienen. Der sogenannte „samende Samen“ wird erstmals am dritten Schöpfungstag erwähnt. Der Archetyp der Drei ist es, der dann auch dem Menschen als Nahrung zugeordnet wird. Das Erheben über die profane Polarität ist das Kriterium der Fruchtbarkeit.

 

Erst die Sintflut-Erzählung in der auch die Gottheit das „Fleisch der Menschen“ vernichtet, zieht auch die göttliche Erlaubnis nach sich, dass die in der Arche erhobenen Menschen und deren Nachkommen das Fleisch von Tieren, die kein Blut mehr in sich haben, als Nahrung aufzunehmen dürfen:

 

Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, und füllt die Erde. Und Furcht und Schrecken vor euch sei auf allen Tieren der Erde und auf allen Vögeln des Himmels. Mit allem, was sich auf dem Erdboden regt, mit allen Fischen des Meeres sind sie in eure Hände gegeben. Alles, was sich regt, was da lebt, soll euch zur Speise sein; wie das grüne Kraut gebe ich es euch alles. Nur Fleisch mit seiner Seele, seinem Blut, sollt ihr nicht essen“ (Gen 9,1-4).

 

Im Dritten Buch Mose (Lev 11,47) erfolgt dann eine Unterscheidung, die wiederum einschränkt und reine von unreinen Tieren unterscheidet. Die unreinen Tieren sind als Nahrung verboten. Das fünfte und letzte Buch der Tora wiederholt die Nahrungsordnung noch einmal aus dem Munde Mose (Dtn 14,4ff)).

 

Eine nochmalige und diesmal totale Wendung bezüglich der Speisegebote erfahren wir im Neuen Testament. Dort wird das Prinzip der „Einschränkung“ auf die vormaligen Speisegebote als Ganzes erweitert: Diesmal werden nicht einzelne Speisen negiert sondern die Speisgebote als Ganzes. Sie werden mehrfach völlig aufgehoben.

 

Das Neue Testament verweist darin auf den überholten, weil linearlogisch interpretierten Inhalt der Speisegesetze. Das macht deutlich, dass der Wert der Nahrungsordnung symbolischer Art ist und nicht weiter, wie einst im Judentum[8] geschehen, substantiell interpretiert werden soll.

 

Petrus hat, wie die Apostelgeschichte berichtet, eine Vision über den Verzehr von Tieren:

„Und als er hungrig wurde, wollte er essen. Während sie ihm aber etwas zubereiteten, geriet er in Verzückung und sah den Himmel aufgetan und etwas wie ein großes leinenes Tuch herabkommen, an vier Zipfeln niedergelassen auf die Erde. Darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels. Und es geschah eine Stimme zu ihm: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber sprach: O nein, Herr; denn ich habe noch nie etwas Verbotenes und Unreines gegessen. Und die Stimme sprach zum zweiten Mal zu ihm: Was Gott rein gemacht hat, das nenne du nicht verboten. Und das geschah dreimal; und alsbald wurde das Tuch wieder hinaufgenommen gen Himmel“ (Apg 10,10-16).

 

Die Unterscheidung von reinen und nicht reinen Tieren weitet die Apostelgeschichte auf die Unterscheidung von Juden und Nichtjuden aus:

Da sagte er zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden zu verkehren oder sein Haus zu betreten; mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf“ (Apg 10,28).

 

Das Neue Testament macht deutlich, das die Unterscheidung aufgrund von Inhalten anstatt aufgrund von Formen zu erfolgen hat. Das Innere und nicht das Äußere werden zu den Kriterien der Unterscheidung (Mk 7,1-23). Das Neue Testament führt dazu ein Geschehnis an, das auf die Unterscheidung aufmerksam macht, dessen Argumente aber zwiespältig bleiben. Als Pharisäer und Schriftgelehrte sehen, dass einige der Jünger mit ungewaschenen Händen essen, erwidert Jesu ihnen: „Seid auch ihr so unverständig? Begreift ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht verunreinigen kann? Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht heraus in den Abort. Er erklärte alle Speisen für rein“ (Mk 7,18f).

 

Noch älter als die vier uns überlieferten Evangelien sind die Berichte des Paulus. Schon er lehnt in völliger Eindeutigkeit die Nahrungsordnung des Alten Testaments ab. Paulus schreibt: „Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esst und forscht nicht nach, damit ihr das Gewissen nicht beschwert“ (Kor 10,25  ???).

 

So lasst euch nun von niemandem ein schlechtes Gewissen machen wegen Speise und Trank“ (Kol 2,16).

 

Du sollst das nicht anfassen, du sollst das nicht kosten? Es sind Gebote und Lehren von Menschen“ (Kol 2,21).

 

Dies sind nur äußerliche Satzungen über Speise und Trank, die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung (Jesus) auferlegt sind“ (Hebr 9,10).

 

Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird“ (1 Tim 4,4)

 

Speise aber macht uns nicht angenehm vor Gott; weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer, noch sind wir, wenn wir essen, besser“ (1 Kor 8,8).

 

Das Christentum hebt die Speisgebote auf und vollzieht darin den von allen Religionen in ihrem Kern geforderten Wechsel der Dimensionen. Das Neue Testament macht die einstige „Einschränkung“ zu einer Befreiung. Mit anderen Worten: Das Prinzip der Zwei wird gänzlich der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit unterordnet.

[1] Die wörtliche Linearübersetzung offenbart die zwei verschiedenen Wortwurzeln für „spalten“. Die erste Wurzel (Klaue) wird dreimal und die zweite (Spalte/Schlitz) zweimal genannt:

[2] Man beachte, dass Moses die Nahrungsordnung im Dtn nach seinem 6. Aufruf „Höre Israel“ (s. gesonderten Aufsatz) erlässt. Das Volk Israel muss über die Nahrungsordnung lernen, zwischen dem Prinzip der Zwei und der Drei zu unterscheiden, um sie in einer fruchtbringenden Funktion (6) schließlich miteinander zu verbinden. In mathematischen Kategorien ergibt sich dann das Produkt 2 x 3 = 6. Essen ist die lustvolle und Leben fördernde „Vernichtung“ anderen Daseins. So versteht sich die Zahl Sechs/Sex. Sie ist die mit Genuss und Gewinn einhergehende, fruchtbringende Vereinigung der Gegensätzen, in der sowohl die zentrifugale (Geist) als auch die zentripedale (Körper) Kraft wirksam werden.

[3] Die hier an 4. und 5. Stelle genannten Hirsch und Gazelle wurden bereits in Dtn 12,15f erwähnt, allerdings in umgekehrter Reihenfolge: „Allein nach-aller-Lust deiner-Seele magst-du-schlachten  und-magst-du-essen Fleisch gemäß-der-Segnung JHWHs deines-Gottes die-er-gegeben-dir  in-all-deinen-Toren  der-Verunreinigte und-der-Reine (d.h. alle Menschen) dürfen-es-essen wie-die-Gazelle  und-wie-den-Hirsch (d.h. andere lebende Wesen). Nur das-Blut nicht dürft-ihr-essen auf-die-Erde sollst-du-es-schütten wie-das-Wasser (Wasser ist fruchtbar für das weiteres Gedeihen).  Nicht-darfst-du-vermögen  zu-essen  in-deinen-Toren  vom-Zehnten (d.h. Blut ⏏10, dem Jenseitigen) deines-Korns und-deines-Mostes und-deines-Ausbruchöls und-die Erstlinge deines-Großviehs  und-deines-Kleinviehs  und-jedes-deiner-Gelübdeopfer (Gelübde = 7) das-du-gelobt und-deine Spenden … … …“)

-> 5.+6. Stelle bedeuten 5.+6. Schöpfungstag (Schöpfung der lebenden Wesen).

Der Deutung nach darf in der Welt „gemäß der Segnungen“ geschlachtet und gegessen werden nach Herzenslust. Nur das, was für die nächste Ebene (->10, bzw. ->7) notwendig ist, das darf nicht aufgebraucht werden!

 

[4] Die wörtliche Interlinearübersetzung lautet:

[5] Diese Eigenschaft wurde damals sehr genau beobachtet und gedeutet, wie u.a. Psalm 104,18 zeigt: „Die hohen Berge sind für die Steinböcke, die Felsen eine Zuflucht für die Klippdachse.

[6] Im originalen, hebräischen, masoretischen Text besteht der Satz aus drei Wörtern. Der Verfasser konnte die Dreizahl nur herstellen, weil er die Wörter „jeglicher“ und „Vogel“ durch ein Makkef (Bindestrich) zu einem Wort zusammengefasst hat: „Jeglichen-Vogel  reinen  ihr-dürft-essen“. (Dtn 14,11)

[7] Dieser Satz kommt bemerkenswerter Weise dreimal in der Thora vor:

Ex 23,19 / Ex 34,26 / Dtn 14,21

[8] Das Judentum legt die Speisegebote der Tora in einer linearlogischen Interpretation weiter aus. Endlich umfasst sie auch die Zubereitung von Speisen sowie die Küchenutensilien.