Eine Sammlung zum Thema Zahlen von Dr. Michael Stelzner
Das Verlangen und Aufwärtsstreben
(Opfer+Verlangen.docx)
„Wo ein Begeisterter steht, ist der Gipfel der Welt.“
(Joseph von Eichendorff, 1788 -1857, deutscher Lyriker und Schriftsteller)
„Am allem Anfang steht die Polarität und mit ihr das VERLANGEN.“ Michael Stelzner
Das „Verlangen“ und „streben nach“ ist ein Wesensmerkmal aller lebendigen Wesen. Im Menschen entfaltet sich dieses Verlangen zu einem mehr oder weniger bewussten Aufwärtsstreben. Der Mensch ist insofern unter den lebendigen Wesen eine Art Neu-Manifestation des Lebendigen.
Im biblischen Kontext wird der Mensch am 6. Schöpfungstag zusammen mit drei Arten von den Landtieren, den Herden-, Kriech- und Wildtieren geschaffen. Der Kontext weist den Menschen sonach als eine vierte Art von lebendigen Wesen aus. Schon der Bedeutung der Vierzahl nach ist der Mensch demnach eine völlig neue Manifestation, deren herausragendes Wesensmerkmal das Andersartige gegenüber dem ihm Vorangehenden ist (s. Zahldreiecke 1-2-3—4 bzw. I—II). Jenes Herausgehobensein des Menschen aus dem allgemein Lebendigen ist ihm eingeschrieben.
Die Fähigkeit zu höherem Bewusstsein gelangen zu können, bedeutet mehr als das bloße Vorhandensein eines Potentials, denn es zwingt ihn gleichermaßen zu dessen Verwirklichung. Dabei findet die Verwirklichung, das Aufwärtsstreben, entsprechend dem Bewusstseinsgrad des jeweiligen Subjektes, auf sehr unterschiedlichen Ebenen statt.
Das Erheben des Menschen an sich geschieht bei allen zunächst sichtbar durch die Entwicklung zum aufrechten Gang. Die nachfolgenden Erhebungen der Subjekte hingegen sind nicht immer unmittelbar sichtbar und manifestieren sich in sehr unterschiedlichen Formen.
Einfache Formen, in denen sich ein Mensch über den „Durchschnitt der Normalität“ versucht zu erheben, sind besondere, körperliche Leistungen, wie sie beispielsweise im sportlichen Wettkampf gefordert werden. Die von ihm selbst gesteckten Ziele und zu überwindende Hürden sind nur die vordergründigen Gegenstände der Veranstaltung. Der eigentliche Zweck der Veranstaltung ist das Erheben des Bewusstseins. Mit der Sieger-Medaille empfängt der Wettkämpfer ein Stück Selbstbewusstsein.
Bei einem Wett- oder Hindernislauf spielt sich das Hinzugewinnen des Bewusstseins für jeden sichtbar auf der materiellen – genau genommen auf der horizontalen – Ebene ab. Das dabei geltende Maß ist überaus konkret definiert. Das konkret Materielle erlaubt nicht nur das konkrete Messen sondern es vergegenständlicht für jeden erkennbar die Prozesse und Qualitäten. In Form einer errungenen Medaille wird das Materielle zur Mittlerin des verdeckten, geistigen Erfolges, um den es dabei eigentlich geht.
Wie der sportliche Wettkämpfer, wählt auch ein Bergsteiger für seine Selbstherausforderung das Konkrete und Materielle. Er hat aber im Gegensatz zu diesem den Berggipfel gewählt. Dessen materieller Aspekt fällt durch den herausragenden Gipfel unmittelbar ins Auge. Das Ziel selbst ist nun kein horizontales mehr sondern ein vertikales, also ein sichtbar „nach oben gerichtetes“. Die steigende körperliche Herausforderung des Bergsteigers macht die hinter ihr stehende, ursächliche, geistige Herausforderung in besonderer Weise wahrnehmbar.
Ein Wettkämpfer erbringt bewusst Opfer und erleidet bewusst Schmerzen. Je höher die von ihm geforderte Leistung ist, je größer ist der von ihm zu überwindende Schmerz.
Während der Normalbürger in der Regel versucht, Opfer und Schmerz zu vermeiden, geht der Sportler den umgekehrten Weg. Sein Lohn ist die zunehmende Erkenntnis, dass die im Leben meist gemiedenen Qualitäten Opfer und Schmerz, einen positiven, den Geist fördernden Inhalt haben, welche mehr und mehr in sein Bewusstsein tritt. Hinter dem zu bezwingenden Gipfel des Bergsteigers steht nichts anderes als der zu bezwingende Gipfel seines Bewusstseins.
Die Opferbereitschaft eines Bergsteigers übersteigt um einige Grade die Opferbereitschaft eines Streckenläufers oder Bodenturners. Noch größere Opfer werden von einem Geisteswissenschaftler gefordert, der seine Wissenschaft ernst nimmt und diese auf sich selbst bezieht. Sein Opfer ist in letzter Konsequenz das größte denkbare. Es ist die Opferung seiner subjektiven Gottheit, aus der bis zu diesem Augenblick die Triebkraft seiner Suche erwuchs. Die aber ist gleichbedeutend mit der Opferung seiner Existenz als Subjekt.
Alle großen religiösen Schriften beschreiben diesen Prozess von Schmerz, Opfer und Erhebung. Das Ziel jedes Opfers ist die Erhebung des Opfernden. Die Art der Bewältigung kennt viele Abstufung, und wir finden sie vor in allen Bereichen des Seins. Sie hat eine fraktale Struktur. Haben wir diese ihrem Prinzip nach einmal erkannt, dann wird es uns möglich, die Prozesse der Erhebung des Menschen in allen Glaubensstrukturen bis in die letzten Details des naiven Glaubens hinein (s. Reliquienverehrung usw.), rational einzuholen.
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