Eine Sammlung zum Thema Zahlen von Dr. Michael Stelzner

Sachwissen versus Orientierungswissen

(Wissen 2.docx)

Wir kennen zwei sich voneinander unterscheidende Arten von Wissen, das Orientierungswissen und das Sachwissen. Das letztere ist ein im engeren Sinn zu verstehendes, instrumentelles Wissen. Es beherrscht die naturwissenschaftlich-technisch orientierten Berufe und bewirkt fachliches Können, weshalb es oft auch als instrumentelles Wissen bezeichnet wird. Seine Gegenstände sind Begriffsbildungen, Definitionen, Gesetze und Verfahren. Kurzum: Sachwissen befähigt zum Zählen und Messen – zum Erkennen einer vorhandenen, linearen Ordnung.

 

Das Orientierungswissen hingegen ist ein weiter reichendes und tiefergehendes Wissen. Doch kann es auf das Sachwissen nicht verzichten, sondern baut auf ihm auf. Schon das Sachwissen ist systematisch geordnet. Das Orientierungswissen überwächst jedoch die lineare Ordnung des Zählens und Messens zugunsten des Erkennens einer triadischen Struktur jener Ordnung. Der Ordnungsbegriff des Orientierungswissens ist ein anderer. Er erzählt von höherdimensionalen Zusammenhängen und schließt das erkennende Subjekt ein und verortet den Schauenden in der erkannten Ordnung. Das ist dann der entscheidende Bewusstseinsfortschritt, der den Menschen seiner Identität näher bringt. Die Ordnung des Orientierungswissens führt vom Dasein zum Sollen. Der Blick auf triadisches Wissen bleibt nicht im Außen stecken und begnügt sich nicht mit der Frage „Was kann ich damit machen?“, sondern wirkt zurück auf den Schauenden und führt zu dessen verantwortungsbewusstem Handeln.

 

Kurzum: Orientierungswissen erzeugt Tugenden. Der alte und aus der Mode gekommene Begriff kommt vom Wort „taugen“. Der spricht nicht weniger als eine allumfassende Ordnung und die an ihr gemessene Tauglichkeit und Lebensfähigkeit des Menschen an. Die alte abendländische Tugendlehre besteht aus vier Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß. Das Christentum hat diese konkrete Vierheit auf die geistige Dreiheit von Liebe, Glaube, und Hoffnung zurückgeführt. In der alten Tradition steht der substantielle (4) und in der christlichen Tradition der geistige (3) Aspekt im Vordergrund. Beide Aspekte konstituieren das Bewusstsein (5). In beiden Lehren geht es um das Subjekt, das im Erkennen der allumfassenden Ordnung seinen Platz im Fluss des Seins (6) findet.

 

Schmilzt der so Erkennende die von der Ordnung ausgehende Herausforderung an ihn auf nur drei Archetypen zusammen, die das sind das Ganze (1), das Halbe (2) und der Fluss des Lebens (3), dann besteht sie darin, mit dem Unvollkommenen leben zu lernen. Noch deutlicher gesagt, bedeutet es, „Leben können mit dem Tod“. Mit einer linearen Sicht auf die Dinge und dem aus ihr erwachsenden Perfektionismus bleiben die Worte unverständlich und deprimierend. In Wirklichkeit erheben sie das erwachende Bewusstsein.